Wann hast du zum letzten Mal gesagt: “Ich liebe, was ich tue!”
Dieses Jahr war ich mit meiner Familie in den Sommerferien in Schweden. Eine Reise, die wir schon lange geplant und auf die wir uns alle sehr gefreut haben. Gelandet sind wir dort in einem Ferienhaus an einem wunderschönen Ort mitten im Wald, an einem See. Neben Lesen, Schwimmen und Zimtschnecken essen war uns irgendwann nach einem Ausflug. Normalerweise machen wir gerne einen Bogen um alles, was sich nach Touri-Programm anhört. Trotzdem entschieden wir uns zu einem Elch-Park zu fahren. Zu gerne wollten wir mal einen Schweden-typischen Elch aus nächster Nähe sehen. Da die Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch ist, dies in freier Wildbahn zu erleben, sind wir also eines Tages Richtung Elchpark losgefahren.
Und da haben wir ihn kennengelernt: The moose man
Der Besitzer und Gründer des Elchparkes, genannt: “The moose man” hat uns empfangen und anschließend auf einem Traktoranhänger über sein riesiges Gelände gefahren. Nach kurzer Fahrt haben wir schon den ersten Elch entdeckt. Und was soll ich sagen: Sehr beeindruckende, aber auch niedliche Tiere mit einem behaarten Geweih (was ich vorher nicht wusste). Wir hielten an, 3 Elche gesellten sich zu uns. The moose man begann sie zu füttern und dabei zu erzählen: Als Farmer in dritter Generation ist er an diesem Platz aufgewachsen und hat ursprünglich mit seinem Vater Elche gejagt. Eines Tages fand er ein Elchbaby, dessen Mutter gestorben war. Er entschied, das Kleine mit der Flasche aufzuziehen. Daraus entwickelte sich ein Traum: Er wollte keine Elche mehr jagen, sondern einen Elchpark gründen. Sein Umfeld fand ihn völlig durchgeknallt. Zitat: “But everyone said: You are crazy”. Inklusive seiner Frau. Aber er hat an seine Idee, seinen Traum geglaubt. Stück für Stück hat er ihn verwirklicht. Inzwischen läuft der Park sehr erfolgreich, viele Menschen kommen, um den moose man in seinem ganz besonderen, eigenen Umgang mit den Elchen zu erleben.
“I love so much what I do”
Der moose man (Alter übrigens schwer einzuschätzen) hat mich mit seiner Ausstrahlung sehr beeindruckt und ich fand diese Begegnung unglaublich inspirierend. Lange habe ich darüber nachgedacht, was mich so berührt hat. Nicht nur, dass er immer an seine Idee geglaubt hat, obwohl alle anderen es nicht getan haben. Er strahlt einfach aus, dass er liebt, was er tut! Es gab auf seinem Weg etliche Hürden und schwierige Phasen. Doch trotz viel und harter Arbeit erfüllt ihn sehr, was er tut. Und das ist sehr authentisch. Auf dem riesengroßen Gelände mit Wald haben die Elche die Wahl, ob sie zu ihm kommen wollen oder nicht, wenn er sie ruft. Du ahnst es schon, oder? Sie haben die Wahl, aber sie kommen immer wieder zu ihm, wenn er sie ruft.
Ich denke, seine Arbeit erfüllt ihn mit Sinn, viel mehr als es vorher die Elchjagd getan hat. Er drückt es so aus : “The moose give me so much”.
So geht es mir oft im Hinblick auf die Lerntherapie und das Coaching. Wenn ein Kind mir zum Abschied der Therapie einen Brief schreibt, sich mit sehr persönlichen Worten bedankt und ich merke, dass ich eine kleine Spur hinterlassen habe. Wenn ich sehe, dass er oder sie etwas für sich mitgenommen hat, ich etwas bewirken konnte, erfüllt mich das mit Sinn. Das muss nicht immer zwangsläufig eine bessere Deutschnote sein- es kann auch einfach sein, dass der/diejenige ein Bild von sich gemalt hat mit der Überschrift: “Ich bin gut, wie ich bin”.
Wenn Jugendliche nach einem vollen Schultag nachmittags noch zu mir kommen und sich verbessern, arbeiten möchten-obwohl sie in ihrer bisherigen Schullaufbahn oft schon so viele negative Erlebnisse und Erfahrungen gemacht haben- dann beeindruckt mich das sehr. In der 1:1 Begegnung mit ihnen, wenn ich sie richtig und ganz kennenlernen und sehen darf, mit ihren Stärken und Schwächen, ist das oft sehr intensiv. Intensiv, herausfordernd, lehrreich-für beide Seiten.
Der Weg zur eigenen Praxis war nicht immer einfach, oft anstrengend, arbeitsintensiv und in manchen Momenten auch traurig. Doch in diesen besonderen, intensiven Momenten mit den Kindern und Jugendlichen bekomme ich sehr viel. Dafür bin ich dankbar. Auch ich denke in diesen Momenten dann oft: Ich liebe das, was ich tue.